Neben einer abwechslungsreichen Freizeitgestaltung in dieser Zeit, ist es ganz wichtig für mich noch einen anderen „Lebensmotor“ zu besitzen, der mich gleichsam fordert und beglückt – meine Arbeit. Ich fuhr deshalb auch bei eisigen Minusgraden und Schnee ohne Zaudern regelmäßig in die 10 km entfernte Werkstatt. Dabei wurde mir wieder bewusst, wie privilegiert ich bin. Ich muss nicht zwischen verschiedenen „Übeln“ entscheiden, ob ich mich zum Beispiel den bösen Viren in öffentlichen Verkehrsmitteln aussetze oder doch lieber im Homeoffice bleibe und „bei der Arbeit“ zu Hause, die unausgelasteten Kinder ertrage. Unser Sohn ist erwachsen und um meine Arbeit schert sich niemand. Selbst, wenn ich mich gehen ließe und rein gar nichts machte, interessierte das keinen. Manchmal hat mich das in der Vergangenheit sehr gestört. Jetzt bin ich ganz froh, dass dem so ist.
Auch der Letzte hat vielleicht inzwischen begriffen, dass jede beruflich ausgerichtete Tätigkeit im eigenen Hause, mit neuen Herausforderungen verbunden ist und ein entsprechendes Herangehen an diese erfordert. Ohne Selbstdisziplin kommt man nicht weit und auch gewisse Rituale sind nötig, damit einem der Tag nicht entgleitet. Meine „weinende Kassandra“, die ich im letzten Text als Aufhänger benutzte, gab einigen Interessierten anscheinend Rätsel auf, weswegen mich besorgte Nachfragen – bezüglich meiner allgemeinen Verfassung in Zeiten mit Corona – erreichten. Um mich muss man sich jedoch keine Sorgen machen. Sie weint zwar angesichts dessen, was sie in der Zukunft sieht und ist auch als eine Art Selbstportrait aufzufassen, aber sie trägt den Lotus samt Samenkapseln – als die Blume der „Verwandlung und Zuversicht“ bei sich und das lässt hoffen!
Größere, weitgreifendere Zusammenhänge, als die eigene Befindlichkeit, setze ich hier bildlich um.
Wir sollten endlich andere Werte als die mit Wirtschaftlichkeit einhergehenden, anstreben, um wieder vermehrt Frieden und auch Liebe in unsere Herzen zu lenken. Auch diese Botschaft transportiert Kassandra. Und angesichts des Wortes „Herz“ und auch ihrer Tränen im Gesicht, höre ich die Kritiker meine überbordende „Gefühligkeit“ kritisieren, weil ihnen diese „SchwarzSeherin“ in ihrer Aussage natürlich wieder einmal, viel zu direkt ist. Doch was andere denken, das ist mir ziemlich egal. Alle stichelnden Feindseligkeiten haben ihren Ursprung in einer gewissen Machtlosigkeit zu liegen und tangieren mich von daher wenig. Es wird sich im Umgang miteinander im Allgemeinen und mit Kultur im Besonderen, etwas ändern müssen. Auch bei mir selbst.
Ich spüre überall Veränderung. Und die hat nicht nur allein mit „Frühlingserwachen“ zu tun.
Wer etwas auf sich hält, der fasst sich kurz. Ich schreibe aber gern ausführlicher und tu dies auch viel lieber, als reden. Wer schreibt überdenkt das, was er in die Welt entlässt und labert nicht. Die vielen Briefe, die uns zum Beispiel Vincent van Gogh hinterließ, geben allen Unterschätzten auch heute noch die notwendige Kraft, um durchzuhalten. Zu seiner Zeit hätte diese Bekenntnisse jedoch niemand lesen mögen! Das scheint eine Gesetzmäßigkeit zu sein, dass gescheite Leute in ihrer Zeit immer gegen Besserwisserei zu kämpfen haben. Die Zeiten des kultivierten Schreibens sind jedenfalls vorbei, jetzt wird über Funk und Internet viel und ausdauernd geredet. Trotz der ernsten Lage – oder gerade deshalb – gibt man sich dabei für mein Empfinden, gern etwas zu lustig und auch zu provokant. Es mag aber jungen Menschen gestattet sein, sich auszuprobieren.
Ich musste erst lernen, allgemein so dahin Gesagtes, nicht allzu ernst zu nehmen.
Denn Lustiges hat gerade Hochkonjunktur. Auch wir sahen Filme mit „Dick und Doof“, Leslie Nielson oder Austin Powers, dem ewigen Antihelden mit „Mojo“, die im TV liefen und als eine Form von gewollter Ablenkungsstrategie zu begreifen sind, so vermute ich jedenfalls. Das, sicherlich aus dem einen Grunde, nämlich um die Leute bei Laune zu halten! Denn dies scheint wirklich notwendig zu sein, so isoliert, wie wir jetzt alle voneinander sind! Da kommen uns auch die royalen Streitigkeiten des britischen Königshauses gerade recht. Was dieser Tage die Öffentlichkeit erreichte, rüttelte auch meinen Mann und mich wieder gehörig durcheinander. Hatten wir doch ganz ähnlich geartete Sorgen mit unseren Familien, (den „Königreichen“ Simon und Sauer und deren anhängigen Untertanen). Weil bei uns gar nichts mehr ging, entschlossen wir uns dazu, Machtspiele nicht mehr auf unseren Rücken austragen zu lassen und in Folge dessen, rückten wir unser eigenes kleines „Königreich“ stärker in den Fokus und wir lernten dabei, unser Imperium machtvoll zu behaupten.
Die Feststellung, dass sich in unglücklichen Familien gewisse Vorgänge und Verhaltensweisen wiederholen, teile ich, nahm Harry und Meghan ihre Strategie zuerst aber nicht ab. So derart loyal „aufgeräumt“ und freundlich, wie sie ihre „Enthüllungen“ vortrugen, ohne einen Schuldigen direkt zu benennen, sodass man sich selber denken sollte, wer gemeint sein könnte! Man sagt aber auch: „Einem bösen Hund gibt man zwei Knochen … und beschämt ihn durch Großzügigkeit“ … Jedenfalls war der brisante, öffentliche Auftritt mit Sicherheit trotzdem wirksam, denn das Königshaus kann die Vorwürfe nun nicht mehr in Gänze ignorieren und wird Stellung beziehen müssen. Jede Haltung zu oder gegen etwas wird im Hintergrund von der persönlichen Schlagseite der Protagonisten beeinflusst, die jede Streitpartei für sich genommen, einnimmt. Wer allein steht, hat es aber sehr viel schwerer seine Argumente zu rechtfertigen und sieht sich darüber hinaus auch damit konfrontiert, tätig werden zu müssen, um etwaige Lügen und Unterstellungen, als solche zu entlarven. Und um der Wahrheit mit Wucht auf die Sprünge zu helfen, gelangte daher Oprah Winfrey zum Einsatz.
Wer sich Feindseligkeiten und Liebesentzug ausgesetzt sieht hat die Wahl: entweder dagegen anzugehen und zu kämpfen, oder aus der unerquicklichen Situation heraus zu treten.
Ohne Gespräche auf Augenhöhe keine Aufklärung von etwaigen Missverständnissen! Wird das erlösende Gespräch nicht geführt, besteht wahrscheinlich Sorge etwas Verborgenes könnte ans Tageslicht gelangen. Besser, wenn das gut gehütete, verunglimpfende „Geheimnis“ dann unterm dichten Teppichfloor verbleibt. So schlimm sich das anhört, aber Feindseligkeit kann auch antörnen! Dann gibt sie dem Aggressor, der aus welchen Gründen auch immer es nötig hat zu stänkern, gehörig Kraft, nämlich genau die, welche dem Opfer entzogen wird. Somit erklärt sich auch von selbst, wieso eine Verbesserung der Situation für den Angegriffenen kaum möglich ist, es sei denn, dass dieser die Regeln akzeptiert beziehungsweise, die Kampfarena verlässt.
Wenn nicht nur Kalkül, sondern Liebe im Spiel ist, dann werden trotzdem alle zu Verlierern.
Denn jeder Liebesentzug schmerzt. Sein Ziel besteht immer darin den/die „Unwilligen“ auszugrenzen und abzustrafen und damit letztendlich regelrecht auszuhungern – zum Vorteil der in der Herde verbleibenden, angepassten und „braveren“ Schafe. Sie haben natürlich Rechte, aber immer auch Pflichten. Und diese Pflichten sind dann der „Pferdefuß“ daran, so dass nie Ruhe einkehrt, selbst wenn der ausgegrenzte Part lange schon aufgegeben hat. Bleibt nur noch den Kompromiss zu versuchen, doch dem entgegen steht die Liebe. Ein bisschen Liebhaben, das reicht eben nicht – weder in die eine, noch in die andere Richtung. Vielleicht wird es im großen Königshaus, im Sinne von Vernunft gepaart mit Tradition, aber dennoch funktionieren.
Familie blockiert mitunter bewusst Veränderungen, dies gern auch an den Fluss von Geld geknüpft. An ungesunden Bindungen wird festgehalten, unehrliches Verhalten wird unterstützt und gefördert, jedoch der vermeintlich „Aufrührerische“, „Negative“ und „Verwerfliche“ wird gemieden. “Dabei könnte man dessen Verhalten auch mit positiven Begriffen besetzen: mit Mündigkeit und Souveränität, Resilienz und Dissidenz, vielleicht auch mit Befreiung und Integrität, Selbstbestimmung und Autonomie, alle diese Begriffe wären geeignete Kandidaten, die freilich in ihrem Begriff unterschlagen, dass man nichts geschenkt bekommt, gerade die Souveränität nicht und auch die Freiheit nicht, denn ihr gehen schmerzhafte Ablösungsprozesse – Illoyalitätserfahrungen – voran.” (Zitat in Anlehnung an Rainer Hankes Buch „Die Loyalitätsfalle“).
Ich habe zu spät verstanden, dass nicht ich das Problem bin oder mein Mann es gewesen ist, sondern, dass wir anders gearteten „Erstgeborenen“ und „Freiheitsliebenden“ bei unseren Familien, lediglich ohne das elterliche Vertrauen in unsere Entscheidungen zur Lebensführung geblieben sind. Als „familienfeindlich“ begriffen sie das, was wir lebten. Hätte man uns respektiert, wäre alles ganz anders gekommen. So aber bekamen wir die volle Wucht ihrer Vorurteile zu spüren. Man nahm uns die Chance unser Potential – zwar frei im Geiste, dennoch emotional zu sein – entfalten zu dürfen. Mir ist das ganze, sich derart übel auf unsere kleine Familie auswirkende Ausmaß dieses Missverständnisses, erst so richtig bewusst geworden, als später dann auch die berufliche Entwicklung unseres Sohnes zunehmend kritisiert wurde und er selbstbestimmt seinen Weg als Wissenschaftler einschlug. Als fernere, von der „Mitte“ delegierte Verwandte auf uns zukamen und erstaunt fragten, wie konntet ihr zulassen, dass er euch verlässt? Weiß er denn nicht, woher er kommt?! … wurde uns Eltern (und auch ihm) indirekt mangelndes Interesse und vor allem, zu wenig “Liebe” unterstellt. Dabei ist das Gegenteil der Fall … und ich fühlte mich an diesbezügliche Gespräche erinnert, die es bereits früher mit meiner Schwester schon einmal gegeben hatte – offenbar sind wir Drei ein familiäres Dauerthema!
Auch unsere Eltern forderten, so gut es die damaligen Umstände erlaubten, ihr Recht zur Entfaltung ein, als sie jung waren. Manchmal ist das ungelebte Leben der Eltern aber prägender für ihre Kinder, als das gelebte. Und manchen Eltern fällt es schwer loszulassen und den Staffelstab weiter zu reichen, weil Kränkungen und Demütigungen ihre Lebensläufe (speziell bei uns mit der Übernahme durch den Westen) vergifteten. Nur selbstbewusste Eltern sind in der Lage, den Nachwuchs frei entscheiden zu lassen, was das Richtige für ihn/sie ist, ohne diesen zu manipulieren.
“Königreiche” werden häufig von einer, mehr oder weniger autoritären „Instanz“, welche in direkter Verbindung zu allen anderen steht, regiert. „Wer die erste Geige spielen will, braucht ein Orchester, das mitspielt“ (Ernst Festl, Lehrer und Dichter) und so werden sämtliche Mitglieder der näheren und weiteren Verwandtschaft über das, was die Mitte zu wissen glaubt und in deren Bemühen um totale Kontrolle, – stets auf dem Laufenden gehalten. Natürlich finde ich in meinem Bücherregal auch dafür die passenden Worte: „Wenn jemand ein offensichtlich falsches, unsachliches, übertriebenes Urteil über einen anderen abgibt, dann ist zu vermuten, dass diese egozentrische Beurteilung gerade die Eigenschaft beschreibt, die er/sie selbst besitzt, aber vor sich verleugnet.“ (Max Lüscher, „Das Harmoniegesetz in uns“)
Und wenn man so will, steht auch hier die weinende „Kassandra“ und erklärt dem, der sich auskennt, von selbst, was ich mühsam versuche in Worte zu kleiden; sie trägt den Lotus bei sich, weil der seine wunderbare Eigenschaft – alles Hässliche an sich abperlen zu lassen – auf die Trägerin überträgt! Der Lotus ist das buddhistische Symbol der Reinheit – und Herzogin Meghan kam offenbar zu derselben Eingebung, wie ich. Sie hängte sich für das öffentlich machende Interview eine stilisierte Lotusblüte an einer Kette um ihren Hals; ich ließ meine Gedanken vom Herzen kommend, übers Hirn in meine Hände fließen und baute die Plastik der „Kassandra“ mit Lotus versehen auf, die ausspricht, was ich nicht öffentlich zu sagen vermag.
Ich packe meine Sicht auf die Welt in meine Kunstwerke hinein. Darin liegt meine Stärke. Wobei vor allem der „heilsame“ Prozess des Machens das Wichtigste für mich dabei ist. Auch, wenn manchmal etwas nicht gleich gelingen will und sich „Unfälle“ ergeben, nehme ich dies relativ gelassen hin, so wie erst kürzlich wieder geschehen. Manche nennen diese charakterliche Eigenschaft in der Tat „souverän“. Das ehrt mich. Nüchtern möchte ich jedoch feststellen, was hätte ich denn davon, würde ich mich aufregen, nur weil ich noch einmal von vorn beginnen muss? Dadurch ginge es mir auch nicht besser. Ich habe das „Loslassen“ verinnerlicht und kann es mir leisten entspannt zu reagieren, wenn’s kraftvoll kracht.
Da wollte ich nun also ein gewaltiges Projekt angehen und musste zuvor Platz schaffen. Meine Räumlichkeiten lassen zu wünschen übrig und halten mit dem, was ich inzwischen tu, nicht mehr ganz mit. Andere Leute räumen dann auf, um Platz zu gewinnen. Ich sparte den Prozess des „Wegwerfens“, der das Aufräumen im Allgemeinen begleitet aus und deshalb ist mehr Unordnung entstanden, als zuvor da gewesen ist. Immerhin schrumpfte der gewaltige Scherbenhaufen aber Stück für Stück zusammen und stattseiner, forderte die schlanke, großgewachsene, scherbene Plastik bald mehr Raum. Im Zuge der Arbeit stieß sie förmlich an die Decke, weil es eben nur ein ehemaliger Laden ist, den ich zur Verfügung habe und keine Werkhalle, die ich eigentlich inzwischen bräuchte.
Anscheinend agierte ich dann aber doch zu übermütig oder wenigstens ein klein wenig zu waghalsig.
Und ich hatte einfach nicht genug Hände parat! Für einen Moment sah es so aus, als könnte ich das Unglück abwenden … doch dann legte sich das sorgsam aufgebaute, meinen Kopf bereits um einen halben Meter überragende Gebilde, ganz langsam und derart schräg zur Seite, dass sein Fall nicht mehr aufzuhalten war. Es krachte dumpf und ich dachte nur, dass ich von dieser filmreifen Szene, genannt „Sturzplastik 1“, gern ein Video gehabt hätte … dann hätte ich diesen Vorgang wenigstens als gewollte „Performance“ abhaken können.
Es ist wohl genau dieses Risiko, dass ich in gewisser Weise suche und liebe. Jegliches Bedürfnis nach Perfektion, dass Menschen auch in Pandemiezeit so wichtig ist, habe ich abgeschaltet. Eine, die akzeptiert, dass aus Bruch Bruch entsteht, die tickt doch nicht ganz richtig – würde Otto Normalo sagen, denn in ungebranntem Zustand sind diese Gefüge aus scherbenen Einzelteilen selbstverständlich nicht wirklich stabil, dann knirscht es schon einmal oder gibt spürbar nach, solange der alles verbindende, matschige Tonschlicker noch zu nachgiebig veranlagt ist. Erst im Verlauf der Arbeit festigt sich das weiche Material etwas, deshalb bin ich bei relativ großen Objekten nie auf der ganz sicheren Seite, freue mich dann aber umso mehr, wenn es geklappt hat, das mannshohe Objekt sicher im Raume steht und nicht mehr kippen kann.
Schließlich muss einer, der in die Höhe will, immer auch damit rechnen, dort nicht anzukommen. Ich begann jedenfalls sofort mit den Räumungsarbeiten und rettete, was noch zu gebrauchen war, verpackte diese Teile sorgfältig und luftdicht in Tüten, kehrte die geborstenen Tonreste zusammen und sortierte die wieder „frei“ gewordenen scherbenen Stücke aus dem Kehricht heraus: schlechte ins Mülleimerchen, die guten aufs Häufchen, um ernüchtert und in Demut – erneut und wieder von vorn zu beginnen.
Ich habe ja leider keinen Assistenten und mache alles allein. Wovon sollte ich den auch bezahlen?
Aber inzwischen stehen der mittlere und auch der obere Teil, jetzt etwas massiver gebaut, schon wieder. Ich lasse das Ensemble nun in Ruhe trocknen und brenne seine Teilstücke, um im Anschluss daran, die letzten, noch fehlenden Elemente, anzupassen. Lediglich den „Schwund“ muss ich hierbei bedenken, den bereits gebrannter Ton im Vergleich zu ungebranntem, aufzuweisen hat. Somit wird sich das neu Aufgebaute zwangsläufig ganz anders entwickeln. Das braucht natürlich seine Zeit, weil es dauert, ehe die einzelnen Abschnitte trocken genug sind, um gebrannt zu werden. Aber die Vorfreude ist groß und in der Zwischenzeit, räume ich weiter meine Rumpelkammer auf.
Kürzlich sah ich einen bemerkenswert interessanten Dokumentarfilm zum Thema „künstliche Intelligenz“ im Fernsehen, der die “künstlerische Tätigkeitsausübung“ von Robotern zum Inhalt hatte. Ich schaute nicht schlecht als ich die Maschinen wie selbstverständlich, mit einem Stift “in der Hand”, zeichnen sah. Solch einen freundlichen Roboter hätte ich auch gern. Er würde mir alle scherbenen Teile vorsortieren und auch geduldig von unten die Leiter hinauf, den Eimer mit dem Tonschlicker reichen. Nur selber „Hand“ anlegen dürfte er nicht!
Schließlich sollte man sorgfältig differenzieren! Helfende Hand des Menschen? Ja. Aber künstliches Genie? Nein. Angesichts des regen Interesses an computeranimierten Gestalten frage ich mich schon ein wenig besorgt, wozu braucht man ausgerechnet kreativ tätige Roboter, wo die Behörden doch ganz offensichtlich bereits mit ihren vielen, leidig dahin siechenden, menschlichen Kreativarbeitern (nicht nur wegen Corona), total überfordert sind? Denn eines ist klar: kein anderer Beruf scheidet die Geister derart, wie der des Kunstschaffenden es zu tun vermag. Die Wenigsten können zwar davon leben, aber zu viele würden zu gern davon leben wollen, weil bei diesem Berufsbild alles möglich scheint und der Pfiffige denkt, dass es schon nicht auffällt, wenn man’s nicht richtig kann. Schaut man halt ins Internet. Ja, wieso auch nicht, wenn sogar Maschinen „lernen“ können!
„Wir müssen uns nicht über exponentielle Fortschritte bei Künstlicher Intelligenz und Robotik Sorgen machen, sondern eher über die Stagnation bei menschlicher Intelligenz“. (Anderson Sorman Nilsson, Futurist)
Dieses aufschlussreiche Zitat entstammt einer Lektüre, die anders als der Film, KI – Problematiken noch wesentlich umfangreicher thematisiert. Und wenn der Autor davon spricht, dass „Computer unbekannte Probleme nicht identifizieren können … sondern Muster in gigantischen Datenmengen erkennen, doch im datenfreien Raum keine Orientierung haben“ … „es zwar Ansätze zu künstlicher Kreativität gibt, doch die Maschine dafür nur Vorschläge zu bekannten Problemen auswürfelt und dann den Menschen fragt, ob die Lösung gut ist“ … dann stelle ich fest, dass ich dies bereits genauso vermutet hatte. Es mangelt ihnen ja auch an einer anderen, ganz wichtigen Eigenschaft; Computer verfügen nicht über die Fähigkeit zur Intuition! Diese setzte Aufmerksamkeit und Aufgeschlossenheit voraus, wofür Computer innere Freiheit und Selbstsicherheit bräuchten.
Es besteht natürlich trotzdem die Gefahr, dass die berechenbare Kunst der Computer, allgemein besser gefällt als das, was Menschen schaffen. Auch Gedanken, die Künstler umtreiben und die sie zum Arbeiten anregen, brauchen Roboter nicht. Und sie machen auch keine Fehler! Ihnen reicht es aus, mit einem entsprechenden Logarithmus gefüttert worden zu sein. „Jetzt lernen die Maschinen das Lernen – und wir brauchen mehr Distanz zu ihnen. Wir müssen verstehen, wann maschinelle Assistenz uns nützt – und in welchen Kontexten sie uns in unserem Denken behindert.“
Dennoch sind es die Künstler, die sich erklären und oft genug ihrer „Einfältigkeit“ wegen, von ihren Zeitgenossen belächeln lassen müssen. Roboter bekommen den Applaus geschenkt, wir müssen uns diesen, erst mühsam verdienen. Die Entwicklung zeigt, dass Menschen bei vielen günstigen und massentauglichen, sogenannten „schwachen“ KI-Produkten, die Technologie dahinter irgendwann als „banal“ empfinden, wenn sie sich erst einmal daran gewöhnt und die eigenen Fähigkeiten im Zusammenhang zu diesen, erweitert haben. Die Frage ist, ob höher entwickelte virtuelle Intelligenz sogar dazu beitragen könnte, das Bewusstsein für die wahren, menschengemachten Kunstwerke zu schärfen.
Mir würde es schon reichen, wenn mithilfe von KI wenigstens ein allgemein gültiger, von Computern animierter “Qualitätsbegriff” erarbeitet werden könnte anhand dessen, per Definition, endlich einmal klargestellt würde, was KUNST eigentlich ist (oder sein sollte) und was von ihr erwartet wird – fernab jeglicher finanziell ausgerichteter Beurteilung. Denn alles Finanzielle im Zusammenhang mit künstlerischem Tun, das gehört auf eine definitiv andere Ebene! Dieses fatale Kriterium „einkommensschwach“ zu sein, stellt bekannter Weise bei Künstlern, seit Generationen eine Form von „Qualitätssicherung“ dar! Wer „ohne Rücksicht“ auf sich und ohne etwas davon zu haben arbeitet, sich dabei sozusagen selbst ausbeutet und in dem Glauben daran, trotzdem richtig zu liegen, den schweren Weg wählt, obwohl er den seichten gehen könnte, der sollte doch wohl eher einer Sonderkommission vorgestellt werden. Neben Talent und Können bedarf es nämlich auch einer Haltung, die einer hat … oder nicht hat.
Ein Grundproblem, unabhängig von Corona, tut sich hier auf und wird endlich deutlicher sichtbar.
Aus Angst oder Scham bleiben die Betroffenen jedoch still. Theoretisch ist es möglich – sich vom Land oder Bund gefördert – von Projekt zu Projekt zu hangeln, um hierbei dann gleichzeitig auch von den Entscheidern, als „mitspielbereit“ deutlich wahrgenommen zu werden. Das bedeutet aber auch ganz konkret, dass man seine eigenen Projekte, genau die, die einem besonders am Herzen liegen, zugunsten dessen was gerade gefeiert oder gebraucht wird, in den Schatten stellt. Hier zeigte das bedingungslose Grundeinkommen eine Alternative auf, denn nicht jeder Kollege ist bereit dazu seine Ideen zugunsten der Gesellschaft, zu opfern und sich seine Arbeitsthemen von Laien vorgeben zu lassen. Statistische Erhebungen reflektieren deshalb nur die halbe Wahrheit, auch, weil in unseren Reihen nicht wirklich offen gesprochen wird.
Den besonders Eigensinnigen von uns ist deshalb in den meisten Fällen auch nicht zu helfen! Wozu denn auch? Entscheidungen zu treffen, indem man sich sachbearbeitend an Zahlen klammert, um den (eventuell nur unzureichend geschäftstüchtigen) Menschen dahinter, erfolgreich wegzuschalten, fällt ohne lästige Emotionen und effizient gedacht, natürlich leichter.
Zum Beispiel ist die Absicherung im Alter für alle, die einer geregelten Arbeit nachgehen, eine Selbstverständlichkeit, nicht jedoch für Selbständige. Die müssen sich natürlich selbst/ständig darum kümmern. Schlimm steht es derzeit um freischaffende Künstler, bei denen es kein geregeltes Einkommen gibt. Die Künstlersozialkasse federt Engpässe eine Zeitlang ab, aber wenn das erwirtschaftete Einkommen über einen längeren Zeitraum hinweg zu niedrig bleibt, werden diese Versicherungsverhältnisse von Seiten der KSK, einseitig gekündigt, wie in dieser Zeit gerade häufig geschehen. Sicherlich auch befördert durch Corona, sind davon viele betroffen, so auch ich.
Trotzdem habe ich Glück! Ich habe einen in sich ruhenden, starken Gefährten neben mir. Nur er ermöglichte mir, über die Wirren der Wendejahre hinweg, überhaupt zu meiner Handschrift gefunden zu haben! Er bot die dafür notwendigen, finanziellen Freiräume und gab mir den Rückhalt, mich ausprobieren und frei experimentieren zu können. Mann und Sohn wurden dabei zum Mittelpunkt und zum Halt meiner Welt – meines kleinen, 3-Personen-Königreiches – ohne diese beiden, lieben Menschen, wäre ich nicht das, was ich heute bin; eine eigenwillige Bildhauerin, die es sich leisten kann, ihre Weltsicht frei zu formulieren.
Rein finanziell und auf funktionierende Wirtschaftlichkeit ausgerichtete Politik brachte uns leider dorthin, wo wir uns gerade befinden; unter mutierende, höchst ansteckende Viren auf einem zunehmend kollabierenden Planeten.
Doch worüber regen wir uns auf? Über Windkraftanlagen!
Bei der abschließenden Recherche zu diesem Blog erinnerte ich mich an das Buch „Der Heimatplanet“ – einen großen, bereits betagteren, prachtvollen Fotobildband aus dem Hause „Zweitausendeins“, den wir kurz nach der Wende erworben hatten. Als ich seine Seiten nach vielen Jahren wieder überfliege und die wunderbaren Fotos ansehe, die die Faszination dieses Buches ausmachen, berührt mich unter anderem eines der Bilder besonders. Auf ihm wird die Einmaligkeit unseres Planeten Erde deutlich spürbar, der beeindruckend schwerelos und verletzlich, inmitten einer Schwärze schwebt, die dunkler nicht sein könnte.
Unsere glitzernde, blau schimmernde Weltkugel, ist gegen den staubtrockenen Mars ein Juwel!
Als beim Durchblättern ein alter Zeitungsausschnitt herausgleitet und zu Boden fällt, lese ich auch ihn und bin erschüttert. Es ist ein Klima-Lagebericht mit darin empfohlenen, dringend zu beherzigenden Maßnahmen, die notwendig gewesen wären (!) vor gut 20 Jahren, denn so alt ist dieses Papier, dass ich damals extra aufgehoben hatte und dessen Text sich liest, als wäre er heute erst verfasst worden. Nun könnte man meinen, dass wir inzwischen durch „Corona“ ein wenig nachdenklicher geworden sind und in der Tat, erholt sich anscheinend die Natur.
Durch Freunde, die sich unserer Spaziergänge mit Hund gern anschlossen, beziehungsweise wir uns ihnen, lernten wir in den letzten Monaten Gegenden kennen und lieben, die wir vorher noch nie besucht hatten. Unser Landstrich ist bei jedem Wetter schön. Nur echte Berge, die fehlen. Ansonsten hat Brandenburg von allem etwas; Wald und Wasser an vielen Stellen und gerade jetzt auch abgeerntete, brachliegende Felder – regelrechte Festplätze für die Vogelwelt! Wildgänse und Kraniche laben sich dort. Sogar Schwäne, die auf einem Feld bei Frühlingstemperaturen, wie lauter kleine Inseln aus „Schneehäufchen“ buchstäblich im Grünen saßen, entzückten unsere Augen.
Von dieser Situation gibt es leider kein Foto. Nur dieser eine Satz kommt mir in den Sinn, der die Gegebenheit ausreichend illustriert; zum Augenblicke wollt ich sagen: „Verweile doch! du bist so schön!“… und auch dieses Zitat wird Goethe zugeschrieben; “Liebe deine Zeit.”
Maren Simon am 14. März 2021
„Der Heimatplanet“, verlegt von Zweitausendeins, 1989
„Mensch und Maschine“ – Wie künstliche Intelligenz und Roboter unser Leben verändern – von Thomas Ramge, Reclam 2018
Dokumentarfilm „Reload für die Kunstwelt“, wie Robotik und KI die Kreativität verändern, 2021
„Das Harmoniegesetz in uns“, Max Lüscher, Ullstein Verlag 2003
“Die Loyalitätsfalle”- warum wir dem Ruf der Horde widerstehen müssen – von Rainer Hank, Penguin Verlag, 2021