Mit Pünktchen auf den Hund gekommen

Satzzeichen sind ausgesprochen wichtig. Ich habe gelernt mit typographischen Zeichen und Schriften umzugehen, als ich in Leipzig „Grafik“ studierte. Jetzt sind wir auf den Hund gekommen und wie sollte es anders sein, natürlich ist unser Exemplar kein gewöhnlicher, sondern ein besonderer Hund! Es ergab sich nämlich, dass wir passend zur Typographin, einen Hund mit „Pünktchen“, „Kommas“ und „Anführungszeichen“ (ohne direkte Rede) bekamen. Wir wählten vorab unter den soliden „Mittelklassemodellen“ den richtigen Typ Hund, wir wollten einen „Begleithund“ nicht klein und nicht groß sollte er sein, eher ruhig und nicht aggressiv veranlagt und einer Sorte angehören, die über reichlich Intelligenz verfügt. Was wir dann vor gut 4 Wochen, am 17. April, beim unserem freundlichen Züchter in der „Streusandbüchse“ abholen durften, war ein winziger Welpe, ein kleines Hundchen, wie frisch vom Designer und mit lebhaftem Schwänzchen, unser Pünktchen!

Unsere kleine Hündin ist jetzt ca. 14 Wochen alt und sehr agil, sie ist einfach wunderbar! Ein „bunter“ Künstler-Hund ist sie aber nicht, sie besitzt eine weiße Grundfarbe und hat kräftig karamellfarbene Flecken darauf. Das namensgebende, „typographisch“ anmutende Pünktchen sitzt beinahe perfekt mittig auf dem Steißbein, genau genommen sind es sogar zwei – denn ein kleineres Pünktchen befindet sich zusätzlich 3 fingerbreit über dem größeren. Das größere Pünktchen bewegt sich beim Spazierengehen ziemlich witzig auf und ab, wenn des Hündchens Hinterteil vor unseren Augen hin und her wackelt, unser kleiner, eifriger Hund ist seiner Truppe natürlich immer gern ein Stück voraus.

Nach und nach kommen neue, zarteste, kleine Flecken hinzu. Pünktchens Haarkleid verändert sich noch von seidig weich, bis hin zu „rauhaarig“ und mit der Pubertät wird sie sogar noch einen Bart bekommen! Darauf warten wir gespannt, denn das ist ja überhaupt das Beste, ein Mädchen mit Bart! Die kleine Hündin berührt unsere Herzen, denn sie ist lebhaft und freundlich, vorurteilsfrei und klug … und schön ist sie auch noch.

Somit übertrifft das Tierchen alle unsere Erwartungen, kaum zu glauben – was für ein Glück!

Bisher bekamen wir unsere Tiere meistens „von oben“ zugewiesen. Wir fanden sie (außer Kaninchen Herrmann) alle in misslicher Lage auf und halfen ihnen zu überleben, woraus sich dann, besonders bei der Katze, eine lebenslange Zuneigung entwickelte. Alle waren sie uns lieb und ans Herz gewachsen. Igel „Stachli“ blieb uns treu, indem er sich nahe am Haus sein Lager aus Herbstblättern baute, an das wir nie Hand (oder Forke) anlegten. Im Laufe der Jahre wurde der Haufen immer größer und ob es heute noch derselbe Igel ist, der dort nach bald 25 Jahren haust, darf bezweifelt werden. Doch der Überwinterungshaufen blieb in all den Jahren, ohne Unterbrechung bewohnt! Vielleicht sollte ich ihn schnell noch malen, denn „Haufen“ in Öl bringen momentan, siehe Claude Monets „Meules“ („Heuschober“, gemalt 1890), Millionen!

Ab und an bekommen wir auch besonderen Besuch von der Elster. Sie sitzt dann etwas länger in unserem Garten und in einigem Abstand zu uns in den Zweigen des Rosenstrauchs und auf Augenhöhe zu uns, anstatt hoch oben. Wir rufen und er (oder sie) schaut zurück, hält den Schnabel leicht schräg und wartet. Deshalb glauben wir, dass es „unsere“ Elster „Quax“ ist. Die letzten Pflegegäste, die beiden Spatzen „Horsti“ und „Fritzi“, kommen sicherlich auch regelmäßig nachschauen, wie es uns so ergeht, allerdings sind sie vom Rest ihrer Truppe leider überhaupt nicht mehr zu unterscheiden, sie sind ja ständig in „Familie“ und nie allein. Optisch betrachtet, gehen die beiden in ihrer Spatzenbande unter. Da kann man nur hoffen, dass es ihnen (und den 50 anderen) gut geht.

Der auf Eigensinn bedachte Kater fand damals schnell seinen Rhythmus und lebte sowohl dicht bei uns, als auch geheimnisvoll des Nachts, ohne seine Menschenfamilie. Unsere Hündin möchte indes an allem teilhaben, was ihre Leutchen so zu tun pflegen. Mit Pünktchen ist es im Wald viel schöner, als zu zweien allein! Nie wollte der Kater mit in den Wald! Er blieb nach 20 gemeinsamen Metern des Weges einfach stehen, drehte sich um und trabte zurück nach Hause. Bei unserer Rückkehr schlief er dann gemütlich zusammengerollt in seiner Gartenkiste.

Unser neues Familienmitglied erschnuppert auf kindliche Weise alles Neue und sein freundliches Wesen füttert unsere Gemüter mit Glückshormonen. Alles ist interessant und muss mit der Nase genauestens analysiert werden! Der morgendliche Gang durch den Garten beginnt mit einem Ritual; in übermütiger Weise, werden mit der Schnauze all die Blättchen der Blumen angestubst, die es wagen, frech in Hündchens Weg hineinzuhängen … Lebensfreude pur … Schön, dass unser Hund ein „Frühlingswelpe“ geworden ist. Ein „Winterhund“ hätte als erstes die Kälte kennen gelernt und hätte mit Schneebällen spielen müssen … bei Pünktchen sind nicht nur, die auf langen Stielen baumelnden, roten Blumenköpfe der Tulpen beliebt, auch Kienäppel aus dem Wald hat sie zum Zerpflücken gern. Genüsslich und geduldig werden die kleinen, hölzernen Kunstwerke in sämtliche Einzelteile zerlegt. Eine Leidenschaft, die sie schon im Welpenställchen, das sie sich mit den acht Geschwistern teilte, ausleben durfte. Alle Welpen dieses Wurfs strahlen Dankbarkeit für jede noch so kleine, von wem auch immer erhaltene, freundliche Zuwendung und alles, was sie umgibt, mit jeder Faser ihres Körpers aus. Man kann gar nicht anders, als diese zu erwidern.

Übersetzt heißt das: es ist einfach nur schön auf dieser Welt zu sein.

Ein neuer Lebensabschnitt hat deshalb auch für mich und meinen Mann mit Hund begonnen! Wir haben in den letzten Wochen so viel gelacht, einfach wunderbar. In ähnlich witzige Situationen, wie mit unserem Welpchen, kamen wir zuletzt vor 5 Jahren mit dem klugen Quax. Alle Rabenvögel, zu denen auch die Elstern gehören, sind äußerst intelligent, denn sie wissen, was es bedeutet Langeweile zu haben und kommen dann, wenn sie welche verspüren, auf dusselige Gedanken, besonders die pubertären Jungen! Beim Quaxl saß damals bereits, obwohl er noch ganz klein war, der Schalk in seinem blauäugigen Blick und auch hier konnte man gar nicht anders, als den Kleinen zu mögen! Mutter Natur dachte sich das wirklich richtig gut aus; Kinderaugen lassen uns weich werden, egal ob Menschlein oder Tierkind.

Nun lernt der kleine Hund, was ein großer Hund wissen und können soll und dazu muss er die geschützte Umgebung seines Gartens immer wieder verlassen. Ich führte unser Pünktchen aus diesem Anlass auch durch die Kulturhauptstadt Berlin. Mit den vielen Beinen, die sich um sie herum bewegten, ging sie sehr schnell erstaunlich souverän um, Bahnfahren im Berufsverkehr – kein Problem – sogar an einer Ausstellungseröffnung in der Galerie von Michael Schultz nahmen wir gemeinsam teil – aber steile Treppen nach unten, die hinab ins Dunkle führenden U-Bahnschächte, sie sind die Hölle für den kleinen Hund. Die Geräusche und der Lärm, den die Bahn im „Keller“ verursacht, flößten dem kleinen Kerlchen unglaublich viel Respekt ein. Wir üben jetzt jeden Tag zu Hause und gehen dazu die Treppe hinab, die in unseren dunklen Keller führt. Unser Hundekind protestiert jedoch jedes Mal lautstark quickend und sieht diese Maßnahme einfach nicht ein. Somit werden wohl noch einige U-Bahnschacht-Berlinausflüge folgen müssen. Dem kleinen Hund vom Lande machte es hingegen gar nichts aus mit mir von einer Galerie in die nächste laufen zu müssen. Bei Regen kann es mit „Kultur“ sogar sehr angenehm sein! Frauchen musste heftig an der Leine ziehen und bitten, damit es weiterging. Am liebsten wären wir bei „EIGEN+ART“, zwischen Tür und Angel und nach draußen schauend, einfach sitzen geblieben …

Plötzlich merkt man, woran es liegen könnte, in gewisse „Lagen“ zu geraten, ohne es zu wollen! Es liegt an der Körpersprache und der Haltung. Zu „weich“ bekam ich ja öfter schon zu hören. In der Welpenschule erfuhr ich nun, dass sich mein Protest dem Hund gegenüber, wenn der anders will als ich und er mich beim Raufen zu dolle zwackt, als eine einzige Aufforderung zum Weitermachen anhören würde … wie bitte? In der Tat, bin ich der „Oberraufpartner“ für unseren Hund. Ich bin aber auch „Schmusetante“. Schließt sich das nicht gegenseitig aus? Wenn es mir zu viel wird und ich laut werde, macht es dem Hund erst so richtig Spaß, mich zu knuffen und zu beißen und dabei zu knurren und zu grummeln, wie ein alter, besonders dicker Hund. Das kann ich nicht leugnen, genauso ist es.

Meine „subtilere“ Art der Ansage versteht unser Pünktchen dennoch – es dauert nur ein bisschen länger, bis es darauf reagiert, das will ich gern zugeben. Mit ihrem kleinen, scheinbar immer lächelnden Schnäuzchen sieht sie einfach lustig und liebenswert aus und das ist sie meistens auch – aber nicht immer. Man kann sich kaum vorstellen, wie weit sie diesen kleinen, ewig lächelnden „Strichmund“, der direkt unter der großen Nase von den Züchtern in Zusammenarbeit mit Mutter Natur platziert worden ist, bereits aufsperren kann, darin die spitzen Zähnchen! Also bemühe ich mich nun im eigenen Interesse darum alle meine Ansagen kurz und knapp und möglichst klar an den Hund zu bringen. Doch das kleine charmante Kerlchen ist ein Schelm. Und es weiß offenbar, dass es niedlich aussieht und es scheint, als mache es ihm eine große Freude die gefühlige Erwartungshaltung seiner Menschen zu unterwandern.

Es tut mir Leid, aber ich kann da einfach nicht den nötigen Ernst aufbringen und auch nie richtig böse sein.

Im Gegensatz zu Menschen, welche die Schwächen anderer nicht in Großzügigkeit anerkennen, sondern nur zu ihrem Vorteil nutzen wollen, kann der kluge Hund unterscheiden. Ich habe den Eindruck, unserer schätzt an seinem „Frauchen“ das eher Sanfte und Ruhige, denn es bedeutet für Pünktchen wohl eine andere Form von Stärke, vor allem aber, Geborgenheit. „Herrchen“ organisiert dagegen die großen Spaziergänge im Wald und an der frischen Luft. Mit Rucksack und Proviant sorgt er im Freien und am Elektrokocherd auch zu Hause, für das leibliche Wohl seines Rudels. Ganz offensichtlich werden unser beider guten Eigenschaften vom Hund gleichberechtigt anerkannt, ohne hierbei die jeweiligen menschlichen Schwächen, für sich auszunutzen. Im Gegenteil! Der kleine Hund ist stets sehr diplomatisch und verteilt seine Liebe gleichmäßig. Pünktchen genießt entspannt in unserer Mitte das Leben, genau, wie es Kater Micio zu seinen besten Zeiten tat.

In der Werkstatt in Werder steht nun ebenfalls eine Kiste mit Bett darin, dicht an der Glastür und bereit für den Hund. Geht eine der werderschen, rot getigerten Katzen an meiner Ladentüre vorbei, wird kräftig gebellt und der kleine Hund stellt sich straff auf seine Hinterbeine und es drängt ihn, da hinterher zu wollen. Das Lustige ist ja, dass ich mir einbildete, unser Pünktchen „katzenfreundlich“ einstimmen zu können. Es soll ja sogar Menschen geben, die aus ihren Hunden „Vegetarier“ machen können. Pünktchen darf also gezielt in Micios alter Katzenhöhle, einem relativ festen eiförmigen Gebilde aus Filz, schlafen und kuscheln, solange sie dort noch hineinpassen will. Im Ei duftet es sicherlich noch nach Katz und es macht Spaß innen drinnen sitzend, mit dem Ding durch den Raum zu kugeln, aber die erhoffte, vermittelnde Wirkung auf den Hund, sie bleibt scheinbar trotzdem aus. Dabei dachte ich in Nächstenliebe auch an Nachbars Katzen – insgesamt 3 Stück an der Zahl, die möglichst unbehelligt bleiben sollen!

In unserem Hund steckt nämlich, neben dem großen und ruhigen, von der französischen Westküste „Lan Vendée“ stammenden, weichfelligen „Grand Griffon Vendéen“, auch ein gutes Stück des agilen, drahthaarigen, britischen Foxterriers“ verborgen. Im „Kromfohrländer“ sind beide Rassen vereint. Im günstigen Fall ergänzen sich beiderlei gute Eigenschaften, aber es kann natürlich auch vorkommen, dass eine Seite ein wenig mehr dominiert. Es wird also noch spannend werden.

Sofaplatz = Lieblingsplatz – genau wie bei der Katze!

Sämtliche, auch von weiter her kommende Katzentiere verbringen gerade ihre „Wellnesswochen“ in unserem Garten – die Vögel haben Junge. Alle drei Samtpfoten (und der Schwarze, der gerne zu Besuch kommt) registrierten bereits stirnrunzelnd, neuerdings einen „Störfaktor“ im simonschen Schlaraffenland zu haben. Es ist abzusehen, dass das noch kleine, noch unerfahrene, so lustig kläffende Pünktchen, sein Refugium mit zunehmendem Alter, stärker als bisher, verteidigen wird. Bloß gut, dass unser Hund im Hause seinen Platz hat und nicht ständig ebenfalls, wie die Katzen, auf der Lauer liegen wird. Hoffen wir, dass unser „Garten Eden“ für alle Wildgartenliebhaber ein solcher bleibt und die Nachtigall weiterhin ungestört ihr Lied darin singen kann.

Maren Simon am 19. Mai 2019

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