MEIN INNENLEBEN – TEXT FÜR DEN ERSTEN BLOG.

Maren Simon, 1965

Wie schnell doch die Zeit vergeht – nämlich bekannter Weise im „Sauseschritt“ und sie nimmt uns allesamt mit – ob uns das nun gefällt oder nicht. Unmöglich da zu verharren, wo man gerade steht. Wer überleben will, der muss sich wandeln können. Sich anpassen, ist das weniger feine Wort – es klingt, als könne man nicht anders, als hätte man keine andere Wahl.  

Doch es fängt im Kleinen an und manchmal ist es unbequem.

Auch, wenn ich häufig den Eindruck habe, mich mitten in den Hochzeiten der Individualisierung der Menschheit zu befinden, denke ich, dass herzliche Gefühle unter Menschen und auch solche zu Pflanzen und Tieren, wieder „in Mode“ kommen werden. Vielleicht spüre ich die Symptome so deutlich, weil ich, wie ich kürzlich erst gelesen habe, als Berufskünstlerin einer „Randgruppe“ angehöre, von dort aus sieht es sich klarer. Indem man die Dinge unaufgeregter anzugehen gewillt ist, weniger Wert auf Äußerlichkeiten und Status legt und das Privileg besitzt, einer erfüllenden, beruflichen  Tätigkeit nachgehen zu dürfen, macht man sich aber leider auch höchst verdächtig. 

Seit ich um diesen Umstand weiß, geht es mir deutlich besser. Mich hat das zunehmend bornierte, brüsk abweisende Verhalten mancher Mitmenschen regelrecht mitgenommen. Meine von Hause aus ausgewogene Lebensqualität litt dementsprechend. Die guten Ratschläge, welche ich erhalten habe, weil ich mich mehr und mehr auf mich selbst besonnen habe, die halfen nicht wirklich: frei nach Schiller kann der Stillste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt! Und wer nicht auf, immer und ewig in einem bekloppten „Knallerbsenstreit“ gefangen sein will, der muss mitmachen oder aber, den Kreis durchbrechen. Für mich bedeutet das: also raus und nicht mehr mitgespielt! „Dampf ablassen“ muss allerdings auch ich ab und an. Dann kehre ich die negativen Schwingungen einfach um und mache etwas Positives daraus und schaffe derart meine expressiven, figurativen Werke aus miesen Emotionen – meinen eigenen und denen anderer Leute.

Ich bin seit Kindertagen kreativ. Immer dann, wenn ich traurig war, entstanden schon damals die besten Sachen! Ich dachte natürlich nie daran, von daher die Kunst zu meinem Beruf zu machen, ich wollte lieber „etwas mit Tieren“ werden: Verhaltensforscherin oder Tierpflegerin, beides ernsthafte, erstrebenswerte Berufe. Nach der Lehrausbildung zur Gärtnerin kam zur Tierliebe jene sehr spezielle zu den Pflanzen hinzu – Regenwaldforschung, am besten in Kombination mit Tierpsychologie – das wäre es gewesen! Doch ich wurde Buchkünstlerin und anstatt zu forschen, erkundete ich zeichnend, beim manchmal recht trockenen Naturstudium, bevorzugt kleinste Tiere und Pflanzen und auch die ungeliebte Mathematik blieb mir während dieses Studiums nicht erspart: wer Bücher gestalten will, der muss auch mit ihr zumindest ein wenig „befreundet“ sein.

Wenn ich die Resultate meiner beruflichen Entwicklung heute nun (leider ohne jede Buchkunst) betrachte, so ist von den ursprünglichen Flausen eine Art Quintessenz geblieben: Mein Herz, es schlägt für alles Natürliche und etwaigen Personen, die in meine Privatsphäre einzudringen versuchen, verwehre ich jeden aufdringlichen Blick, klimaverbessernd und vogelfreundlich, natürlich in Grün! Der Natur und ihrer Erhaltung gilt mein Interesse, alle Gedanken zielen dorthin. Mit meiner Kunst hoffe ich zu mehr Menschlichkeit, Rücksicht und einem gelebten Mit – statt von Egoismus und ständigem Vergleich geprägtem Gegeneinander, beizutragen. Wir haben leider nicht mehr allzu viel an Zeit, um zu Erkennen und zu Handeln. Das Welt-Haus, es brennt, aber noch viel zu Wenige scheint diese Tatsache ernsthaft zu berühren, weil wachsende Wirtschaft und technischer Fortschritt dafür Sorge tragen, die Gemüter effizient herunterzukühlen?

Siehe auch „Selbstverbrennung“ von Hans-Joachim .Schellnhuber, „Laudatio si“ Umwelt-Enzyklika von Papst Franziskus und „Kampf um Gaia“, acht Vorträge über das neue Klimaregime von Bruno Latour.

 

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