Jahresende: und Freund Baum ist tot.

Alles für das Fest der Liebe!

Wolf, Reh und Dachs … kurz vor Weihnachten erwischte es auch Gevatter Fuchs.

Der fleißige Weihnachtsmann düst aktuell mit seinem Transporter nur so umher, damit alle Geschenke noch rechtzeitig ankommen beziehungsweise, wenn was nicht gefällt, Retour gehen können. Amazon und andere Versand-Unternehmen, sind ebenso eifrig unterwegs, denn sie alle sind untereinander Konkurrenten. Jeder ringt um die bestmögliche Bewertung, denn nach dem Fest ist vor dem Fest (!) … und der Laden muss schließlich auch im nächsten Jahr wieder, ordentlich brummen. Auch ich beeile mich und beginne diese Aufzeichnungen noch vor dem Weihnachtsfest, denn ich möchte sie vor Silvester gern beendet haben.

Was bleibt: Eschenbaum Nr. 149

Mein Anliegen für diesen Text ist jedoch ein trauriges, denn unsere Esche in Plötzin, jener Baum über den ich in einem älteren Blog bereits schrieb, ist tot. Sie fiel an einem der letzten Tage dieses Jahres, wir hörten das kreischende Gesäge und schauten aus dem Fenster … und wieder haben wir deshalb und aus rein moralischen Gründen, keinen Baum zum Jahreswechsel im Haus zu stehen. Nur ein Kiefernzweig  hängt geschmückt von der Zimmerdecke herab. Im Lichte der tausend an ihm befindlichen Lämpchen verbreitet er so gut er es kann, ein wenig weihnachtliche Stimmung. Das Schmücken ging diesmal sehr schnell, denn für die konsumkritische Botschaft dahinter, brauchte es nicht viel Getue. Alles glitzert wie wild und leuchtet bunt und kommt ganz ohne kugelige Formen aus. „Wie billig und geschmacklos!“ … das hätte meine Oma (väterlicherseits) dazu gesagt, würde sie noch leben.

Etwas Kitsch darf jedoch auch mal sein und entspricht damit genau dem aktuellen Zeitgeist!

Künstlichkeit ist den Leuten ja allgemein viel lieber als die echte Natur, weil das Echte sich stetig verändert, indem es lebt und irgendwann stirbt und bei all dem, also dem Vorgang der dazwischen passiert, verblüht, vertrocknet, bröselt, krümelt und schmutzt. Künstliches tut das nicht, Kunstgewächse und auch Plastikgetier bleiben immer hübsch. Sollten sie angestaubt sein, tut man sie (nach Werbeversprechung) hinein ins Perwoll-Weichspül-Bad und anschließend ist der ganze Kitsch wieder poppig-duftig und wie farbaufgefrischt und hält dann natürlich ewig. Wer hier mitreden will, der sollte es wenigstens einmal ausprobiert haben, so meine Theorie! Mich hat vor allem interessiert, wie sich die von mir, auf dem Potsdamer Boulevard angeschaffte Künstlichkeit, in den eigenen Räumen und in Kombination mit den eigenen Kunstwerken und all den anderen Kleinigkeiten, die mir etwas bedeuten, anfühlen würde. Außerdem wollte ich herausfinden, ob meine Protagonisten neben solchen, förmlich nach Aufmerksamkeit heischenden, grellen Sachen, auch Bestand haben würden. Nun, nach dem erfolgten Experiment kann ich sagen: JA! … das haben sie.

Kitsch und Kunst ergänzen sich bestens und in unserem Hause sogar auf eine ironische Art und Weise. Über die abgesägten Bäume in unserem Umfeld vermochte mir all der baumelnde Glitzerkram, trotz seiner naiven Buntheit, aber leider trotzdem nicht hinwegzuhelfen.

Den Ast, um die Installation daran aufzuhängen, fanden wir im Wald. Der Sturm muss ihn abgerissen haben und so kam der Zweig zu (s)einer neuen Bestimmung, was wiederum schön ist. Wenn aber ganze Bäume zu Todgeweihten werden, dann liegt das oft an Verletzungen, die sie einst erlitten haben, weil sie in Unfälle (mit Menschen und Maschinen) verwickelt wurden. So geschehen auch bei unserem Baum nahe unseres Hauses mit der Nummer 149, dessen Rinde vor Jahren großflächig von der Motorhaube eines kleineren Autos beschädigt worden ist. Die klimatischen Verhältnisse sorgten neben der spärlichen Versorgung dieser riesigen Wunde dafür, dass sie nie verheilte. Trotz meiner damaligen Bemühungen kam der fachkundige Helfer leider zu spät, weil die Telefon-Kette zu lang gewesen ist, ihn überhaupt zu finden. Leider werden nur verletzte Menschen und kaputte Autos sofort behandelt, die Bäume, die im Wege standen, werden immer vergessen. Zu heiß waren die Sommer vor dem Unfall gewesen, die den Baum geschwächt haben und auch die Sommer, die danach kamen, stressten ihn. Der alte Baum litt so sehr, dass man zusehen konnte, wie die einst dichtgrüne und stolze Baumkrone, sich mit den Jahren mehr und mehr lichtete. Ein einziges Trauerspiel.

… eigentlich war er vom Holze her, kerngesund …

Jedes Jahr schnitten die Straßenbaum-Beauftragten trocken gewordenes Geäst aus ihm heraus.

Sie verstümmelten nicht nur unseren Baum … sondern auch viele andere Eschen entlang der Straße. An den verbliebenen Astenden sollte versucht werden, so der Plan, neues Wachstum anzuregen: aber vergeblich. Diese alten Bäume wussten längst, dass ihr letztes Stündlein bereits geschlagen hat und von daher hatten sie also ihren Überlebenskampf lange schon aufgegeben. Bäume gehen auf ganz leise Art und sehr oft aufgrund der sie umgebenden Lieblosigkeit … zuerst kränkeln sie und werden schwächer, bekommen später Flechten, die sich auf ihren Ästen frech ansiedeln, was angeblich ein Zeichen von ‚guter Luftqualität‘ sein soll. Ich glaube das nicht, denn für mich besteht ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Flechten und dem Absterben der Bäume, beides scheint zusammen zu hängen. Ohne viel Aufhebens um sich selber zu machen, sterben die Baumriesen irgendwann ab. Sie haben keine Kraft mehr, sich zur Wehr zu setzen. Natürlich sind die Flechten nicht als die Schuldigen anzusehen, doch sie sind für mein Dafürhalten als Hinweis auf ein bestehendes Problem zu bewerten.

Mensch will die Not, in der sich unsere Bäume befinden, mitunter so gar nicht bemerken und ihn wundert es deshalb auch nicht, wenn die Straße an ihren Rändern irgendwann kahl und keine Allee mehr sein wird. Allzu vielen Leuten scheint fehlendes Grün in welcher Form auch immer, nichts auszumachen, die können ‚ohne‘ sehr gut leben.

Ohne schmucken Weihnachtsbaum möchten sie das aber nicht!

Woran gut zu erkennen ist, wie widersprüchlich Menschen in ihrer Einfalt doch sind.

Nachdem das Immunsystem unseres Baumes durch langanhaltenden Wassermangel regelrecht malträtiert worden ist, hatten allerlei winzige Insekten unter seiner dünn gewordenen Haut, ein leichtes Spiel. Schließlich lag das, was noch von ihm übrig gewesen war, gefällt am Boden darnieder und ich bin hin zu ihm mit Tränen in den Augen. Einige Tage später bin ich dann die Strecke zwischen unseren dicht beieinanderliegenden Ortschaften abgelaufen und schaute mir all die anderen abgesägten und zerkleinerten Riesen an, die da ebenfalls eindrucksvoll der Länge nach, herumlagen. Diese Bäume litten genau wie der unsere unter Stress aufgrund der Kombination von langanhaltender Trockenheit und Hitze in den Sommermonaten und zu viel Milde im Winter. An sich wirkten ihre starken Stämme kernig und gesund auf mich, nur wenige Exemplare hatten Fäule im Inneren aufzuweisen. So schönes Holz! Das machte es so besonders traurig, wie alt hätten diese stolzen Bäume noch werden können, wenn es den von Menschen gemachten Klimawandel nicht geben würde?

So aber war ihr Schicksal besiegelt.

An der Rinde ist abzulesen wie schlecht es ihnen ging.

Während heftiger Stürme, die an den morschen Ästen rüttelten, wurden die alten Riesen zur Gefahr für den unten drunter brausenden Verkehr. Mit Trauer im Herzen habe ich den Verfall über die Jahre miterlebt und habe mit ansehen müssen, wie diese einstige schöne und dichte Allee, mehr und mehr Lücken bekam. Schon jetzt ist abzusehen, welcher von den stehen gebliebenen, restlichen alten Bäumen als nächstes dran ist, um abgesägt zu werden. Ich fotografierte also auch jene Bäume, die es konkret bei der nächsten Maßnahme dieser Art treffen wird – wenn wieder die Hebebühne angerollt kommt und obendrauf – der Mann mit der Kettensäge!

Die nebenstehenden Abbildungen entsprechen nur einer kleinen Auswahl von Bildern, die ich fotografiert habe.

Weil dieses Jahr besonders augenscheinlich geworden ist, dass sich die hitzebetonte Entwicklung des Klimas nicht mehr von der Hand weisen lässt, nahm ich mir die Zeit, jede einzelne gefallene Esche aus Respekt ein letztes Mal zu besuchen. Ich dokumentierte diesen Verlust, den ich empfand. Soweit möglich, suchte ich nach jenen grünen Schildchen mit der Nummer darauf, unter der jeder einzelne Baum zu Lebzeiten als Straßenbaum bei der Behörde gelistet gewesen ist. Und siehe da, auch das Nummernschild unseres Eschenbaumes lag lose inmitten des riesigen Haufens seiner vielen Zweige, in die ich dann beherzt gekrochen bin, es zu bergen.

Unten links ein gesunder und schöner Baum, ein seltener Anblick!

Ich nahm sein Schildchen und einen seiner Zweige an mich.

Noch bevor ich überhaupt wusste, wozu ich es konkret verwenden könnte, da war mir klar, dass ich dieses Nummernschild noch brauchen würde … und verbaute es vor paar Tagen nun innerhalb einer meiner Plastiken. Gaia, an der ich gerade arbeite, hat in ihrem Kopfbereich noch Lücken. Hier fand das Schild seinen Platz und die kritische Collage von „Mutter Erde“ wird dadurch zusätzlich zu einem Mahnmal für unsere alte Esche werden, jenen ehemals schönen Straßenbaum, den ich einige Zeit begleiten durfte.

Da treibt mich die Frage um, ob diese Landesstraße mit ihren Lücken je wieder in den Genuss gelangen wird, in Gänze begrünt zu werden oder ob sich die an ihr hängenden Gemeinden, den Aufwand nicht mehr leisten können werden oder möchten. Den Menschen hier geht ihre Lebensqualität verloren! Noch schert sich, außer den Kassandras, die es haben kommen sehen – keiner groß darum … noch will davon niemand wirklich etwas wissen. Das Thema ist zu nebensächlich und außerdem unbequem! Aber von „Schwarzmalerei“, das beweisen meine Fotos, kann hier nicht mehr die Rede sein, denn dafür sind es einfach zu viele Bäume, die abgeholzt werden mussten! Die traurige Realität hat uns eingeholt. Deshalb brauchen wir einen Plan wie es künftig weiter gehen soll, brauchen Baumsorten, die sich mit den neuen Gegebenheiten besser vertragen als die sensiblen Eschen, die als anspruchsvoll (und mehr als andere Sorten an Wasser interessiert) gelten und somit unter diesen stressigen Bedingungen hier, keine Chance mehr haben dürften.

Richtung B1 (hinter der Ortschaft Plötzin) finde ich – als es bereits zu dunkeln anfängt, noch einen armen Baum-Kollegen, den sie wohl nicht fertig abgeholzt bekamen, weil schlicht und ergreifend schon Feierabend war. Deshalb stand recht merkwürdig wirkend, sehr anklagend nur noch der halbe Baum am Straßenrand. Dicht daneben, gleich hinterm Zaun, sieht man Weihnachtsbäumchen in allen Größen stehen. Diese Szenerie fand ich so beklemmend und sie wirkte absurd auf mich; einerseits ein großer – aber nur noch halber Baum und in Sichtweite diese vielen kleinen Tännchen dahinter! Lauter Tannenkinder, deren Zukunftsaussichten – das ist das Traurige daran – als nicht viel besser zu bezeichnen sind.

Manche stehen robust in Kübeln, andere wie Bonsais in Töpfen, dann mit kostbar glitzernder Schärpe in Rot um ihren Bauch. Alle wirken gut gepflegt für den Verkauf. Ihr gutes Aussehen ist die Garantie dafür, vor ihrer Zeit sterben zu müssen! Während unsere Eschen als Straßenbegleitgrün immerhin eine Chance darauf gehabt hatten älter werden zu dürfen, bevor der Klimawandel ihnen den Garaus machte, werden viele der kleinen eingetopften Tannenbäumchen mit Wahrscheinlichkeit, diesen Winter nicht überleben … weil deren stiller Trocken-Tod als heimelige Tradition, zu unserem Weihnachtsfeste eben dazu gehört.

Einige landen vielleicht in einem Garten. Andere warten in ihren Töpfen ob mit oder ohne Schärpe, auf den Ausverkauf im nächsten Jahr …

Jeder Baum – so bleibt festzustellen – hat sein ganz persönliches Schicksal zu tragen, man könnte sagen, es geht den Bäumen wie den Menschen! Sie werden eingeschult, erhalten eine Ausbildung im Sich-gerade-halten, wobei es manche in ihren Leben dann besser treffen, als andere. Wenige dürfen sich zu stattlicher Größe entfalten, doch die meisten werden von ihren Besitzern eifrig in Schach gehalten, nur, um einem vorher bestimmten Ideal zu entsprechen. Mitunter ist auch nur der Garten, in den sie gekommen sind, einfach zu klein woraufhin dann eben der Baum ‚passend‘ gemacht werden muss. Dafür werden sie gestutzt, weil der schlaue Mensch ganz genau weiß, dass Pflanzen aus Angst, womöglich nicht mehr wachsen zu dürfen, umso heftiger Widerstand leisten und dann wieder kräftig austreiben! … was schön üppig aussieht, auch wenn es der Baum selber, gar nicht schön findet. Mit den Alten macht Mensch das ebenso und versucht mittels „Verjüngungsschnitt“ zu guter Letzt, noch des Baumes Rest-Energie in ertragreichere Bahnen zu lenken. Was manchmal gruselig aussieht … aber schöne und interessante Bäume mit ihren filigranen Ästen, die tragen nun einmal nur kleine, weil zu zahlreiche Früchte … und die will kaum einer haben. Abnehmer dafür zu finden, gestaltet sich von daher immer schwerer, wo es auch bei Obst, zunehmend auf reine Äußerlichkeiten ankommt – also weg damit.

So ist das im Leben, nie hat man alle Vorteile gleichermaßen auf einer Seite zu verzeichnen.

Weswegen wir in den Wald gehen, um uns (nicht nur zu Weihnachten) an den relativ frei gewachsenen Bäumen aller Größen dort zu erfreuen. Kiefer oder Tanne ist uns egal. Schöner wäre es natürlich, wenn sozusagen als Bonus obendrauf, noch eine Haube aus frischem Schnee läge. Doch davon haben wir uns hier, in unserer Gegend, inzwischen vollkommen verabschiedet und finden darum, dank Computertechnik, andere Möglichkeiten der festlichen Schmückung. Feiner echter Pulverschnee ist ja leider bei uns zu einem Luxusgut geworden, denn jedes einzelne knirschend-glitzernde Schneekristall, ist ein Unikat! Kaum zu glauben, doch genauso ist es.

Also habe ich mittels KI-Technik und intensiver, positiver Gedanken, etliche rote Herzchen an unser ausgewähltes Bäumchen – stehend auf der breiten Schneise im Wald, direkt unter der Starkstromleitung – dran gehängt. Wir feiern schließlich die Nächstenliebe und deshalb hätte ich zu gern auch noch ein Herzsymbol der Letzten Generation dazwischen gesetzt! Doch die typischen LG-Herzen gibt es leider noch nicht als Smiley, die kommen erst noch, denn sie sind noch nicht in Mode, da müssen wir also noch warten. Schade eigentlich … Für seinen, meines Mannes sein Geschmäckle, hängen jedenfalls überlastig nun einfach viel zu viele Herzen an dem winzigen Bäumchen dran, um das er sich deshalb ein wenig sorgt. Zu viel Liebe kann manchmal ganz schön erdrückend sein … doch ich hatte so viel Freude beim Schmücken, wollte einfach nicht ans Aufhören denken! … ein Herzchen reihte sich ans andere … wie ja auch gute Gedanken zueinander finden. Trotzdem bin ich gerügt worden. Habe es wieder einmal gehörig mit meiner HERZlichkeit übertrieben – sagt er und grinst.

In meinem Military-Tarnparka mit dem Oster-Hasi-Pin am Kragen, bin ich wohl mal wieder, gründlich über das Ziel hinaus geschossen!

Wie jedes Jahr, so auch dieses und das kommende, sowieso! … 

 

2025 MEHR HERZ FÜR BÄUME – BITTE!

 

Gern geschehen!

Maren Simon am 22./24. und 29./30. Dezember 2024

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