Stürzen/Aufstehen/Weitermachen

12. August 2024, der Unternehmer Richard Lugner ist tot. Diese Textzeile habe ich gebraucht, um ins Blogerleben zurückzufinden.

Ein Abend mit Begleitung in Orange hätte dem Herrn mit dem Zusatz Mörtel im Namen, eigentlich noch zu seinem Glück gefehlt! Allein mein Bekanntheitsgrad hält sich in Grenzen, deshalb war ich für ihn nicht ausfindig zu machen gewesen. Fürs ‚Klima‘ zu sein, das sollte allerdings auch in der feineren Gesellschaft, endlich zum guten Ton dazu gehören (!) so meine Meinung. Was hätte das für eine Schlagzeile ergeben: Nicht mehr ganz frische Sympathisantin der LG-Klimaaktivisten klebt sich beim Wiener Opernball, am greisen Gastgeber fest … Die lustige Vorstellung dessen, gibt mir wieder einen gehörigen Schub, will sagen, den Aufhänger für diesen Text. Nachdem meine politischen Ergüsse ja leider so ziemlich ins Leere gelaufen sind, denn meine Favoriten schafften es nicht hinein ins Parlament – fehlten mir eine Zeitlang tatsächlich die Worte. In politischen Fragen kommen wir so gar nicht weiter, und dieser Umstand macht mich betroffen – obwohl uns doch tagtäglich in aller Welt vor Augen geführt wird, dass die Reise des Homo sapiens (lateinisch = „vernünftiger Mensch“) ins ABWÄRTS, bereits in vollem Gange ist! Da stellte sich mir natürlich die Frage: 

Was soll ich also immer wieder nur über Dasselbe schreiben?

Und so blieb ich still. Doch nun habe ich meine Stimme zurück! Mir stößt das oberflächliche Getue nicht nur der Reichen und Schönen, gehörig auf. Bestes und aktuelles Beispiel sind die sogenannten „Influencer*Innen“, die nicht echt, weil künstlich erzeugter KI-Fake sind. Millionen (!) Follower scheinen den Betrug nicht zu merken oder machen sich nichts daraus, verarscht zu werden. Ich las in meiner Zeitung (MAZ) darüber. Und es stellte sich mir sogleich die Frage, ob wir keine anderen Sorgen haben und jetzt bald alle meschugge sind … !? Diese hübschen, nie alternden, rosigen Mädchen, vertickern was Mensch eigentlich zum Glücklichsein gar nicht braucht. Die Medien scheinen das in vielen Fällen ebenso zu sehen, auch sie berichten dann viel lieber über weniger Gehaltvolles, wollen vermeiden, ihre Kundschaft zum Denken anzuregen, denn Denken ist kontraproduktiv und stachelt womöglich den Widerstand der Leutchen – unnötig auf. Gefragt sind deshalb auch Themen oder Events, mit denen sich möglichst viele nah dran an einer eher als ‚gedämpft‘ zu bezeichnenden Gefühlschwingung, gleichzeitig identifizieren können. Die Berichterstattung zur Techno-Parade „Rave The Planet“, die 300.000 Feierlustige vereinte, entsprach diesem Muster. Mit dem Motto, das über der Party stand: Liebe ist stärker als Hass und Gewalt, vermochte sich auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth zu arrangieren und schickte folgende Grußbotschaft aus ihrem Büro: „Techno ist mehr als Krach – und ist elementarer Bestandteil der Berliner Kulturszene“, in den Äther hinaus.

Natürlich ist das alles wichtig und sicherlich dürfen Menschen ausgelassen sein und dabei ihren Alltag auch mal vergessen. 

Es gibt immer auch die Ausnahme von der Regel

Darum hatten sich ja auch alle so lieb an diesem 17. August des Jahres. Aber Spaß haben ist nicht alles. Und es ist darum auch nicht nett, wenn man als andersdenkender Mensch, immer wieder nur in die ‚Nörgelschublade‘ gesteckt wird. Denn es sind die Kontraste, die unser Leben bereichern! Deshalb wäre es wichtig gewesen, das Gegenstück zum Spaß, die Nachdenklichkeit nämlich, die von einer anderen, sehr viel kleineren Gruppe praktiziert wurde an diesem sonnigen Vormittag, ebenfalls zu würdigen. 

Ich selbst saß an diesem Tage ebenfalls mitten in Berlin auf der Straße und zwar direkt vor vorm Kanzleramt. Auch wir hatten Freude an unserer Aktion und hatten uns lieb. Und immerhin, so muss man sagen, gab es auch dazu eine winzig-kleine Meldung im Fernsehen, sie kam vom RBB. Mitarbeiter des Senders schauten kurz vorbei, wohl um ihre Pflicht zur „Berlin-Brandenburg-Berichterstattung“ nicht zu vernachlässigen, so könnte man meinen. Zu schnell verschwand das Kamerateam jedoch wieder und verpasste die schönen Seifenblasen, die besonders die Kinder erfreuten. Denn unsere Veranstaltung hatte nicht nur informativen Charakter, sondern war auch eine Werbeveranstaltung mit FOTOTERMIN und deshalb gab auch sie sich mit ihren sehr unterschiedlich aufgestellten Teilnehmenden, ausgesprochen BUNT. Während über Dr. Motte und seine Techno-Party im Radio zusammen mit den Staumeldungen gleich früh ausführlich informiert worden ist, gab es zu unserem Green-und-Peace-Ereignis leider keine weiterreichende Information. Das wirkte auf mich als habe diese „Geisterveranstaltung“ allein für uns stattgefunden! Da kann tatsächlich im Nachhinein der Verdacht aufkommen, dass die eine Veranstaltung die andere, ausgespielt hat was natürlich schade ist. Diese vielen jungen Menschen, die hätten auch wir zu unserer Unterstützung, echt gut gebrauchen können.

Es handelte sich bei unserer Zusammenkunft ja um einen wichtigen „Startschuss“, der da abgegeben wurde.

Jeder hat seine Blase, in der er sitzt … idealer Weise nicht allein

Bis zum 31. August kann jeder, der es für notwendig hält, ZUKUNFTSKLÄGER werden, das im Sinne von mehr KLIMASCHUTZ in Verbindung mit mehr KLIMAGERECHTIGKEIT. Es haben sich bereits über 35.000 Menschen zusammengefunden, um dafür in Gemeinsamkeit vor das Bundesverfassungsgericht zu gehen. Dahinter steckt das Bemühen, eventuell doch noch das Schlimmste abzuwenden. Wir sind viele, die sich wünschen, dass Klimaschutz mit dem nötigen Tempo betrieben wird. Die Menschen kommen aus den unterschiedlichsten Bevölkerungsschichten, um ihre Stimme zu erheben. Greenpeace und Germanwatch (im Jahr 2024 wird es von GW eine neue Ausgabe des Klima-Risiko-Index KRI geben) sind die Initiatoren dieser KLIMAKLAGE. Bereits 2021 führte eine ähnliche Klage zur Anerkennung des Klimaschutzes als Verfassungsrecht. Man muss sich aus aktuellem Anlass jedoch die Frage stellen dürfen, was das bisher bewirkt hat … um dann schlussfolgernd dorthin zu gelangen, dass sich in Zukunft (womöglich) einfach nichts ändern wird. Was die Dringlichkeit unserer Maßnahme begründet.

Die Politik spricht im Zusammenhang mit angeblich radikalen Aktivisten immer zu gern davon, dass der Ton (angeblich) die Musik macht und sich die Regierenden nicht erpressen lassen dürfen. Es wird jedoch leider nur immer vom und über Klimaschutz geredet, doch wenn es konkret der Handlung bedarf, knickt die Politik bereitwillig und allzu kompromissbereit ein. Was liegt deshalb näher als die altbewährten Rechtsmittel in Anspruch zu nehmen, um die Bundesregierung endlich in die Pflicht zu zwingen – ihre eigenen Klimaziele auch einzuhalten. Die ewigen Verhinderer sind bekannt. Sie in die Ecke zu stellen bis sich alle beruhigt haben, damit das Mobben weitergehen kann, reicht nicht. 

Das größte Problem: Die Verantwortlichen wechseln!

Heutige Regierungspolitiker schieben – wie bereits ihre Vorgänger es taten – das Versagen auf ihre Vorgänger in der Hoffnung, die eigene UNFÄHIGKEIT der nächsten Generation von Machthabern anzulasten. Aus diesem stetigen Teufelskreis des andauernden VERBOCKENS und VERDRÄNGENS zugunsten angeblich wichtigerer, weil wirtschaftlicher „Dringlichkeiten“, müssen wir als Gesellschaft endlich herausfinden! Klimaprozesse – so ist inzwischen allseits bekannt – verselbständigen sich, sind kaum noch aufzuhalten. Gewisse Kipp-Punkte sind bereits überschritten worden, somit gestalten sich die dramatischen Auswirkungen immer heftiger – überall.

Daraus ergibt sich logischerweise: Es muss endlich gehandelt werden. Und zwar HEUTE. Nicht erst morgen.

KLIMAWANDEL – er ist von daher nicht mehr von der Hand zu weisen. Und auch in meiner Werkstatt, die wie ein Keller anmutet, ist die Hitze nun ebenfalls angekommen. Es dauert immer ein bisschen länger, weil die Wände etwas dicker sind. Während der letzten heißen Tage bei über dreißig Grad habe ich es von daher vorgezogen, gepflegt im Schattengarten zu sitzen oder baden zu gehen. Bedeutet: ich Urlaube also. Mit meinem neuen, moosgrünen Einteiler aus recyceltem Material, fühle ich mich im Waldsee so pudelwohl wie die kleine Meerjungfrau … was mir echt gut tut. Ich brauche positive Ereignisse, geriet ich doch in den letzten Wochen, wenn auch nicht in die „Schlagzeilen“, so zumindest in die „Gerüchteküche“.

Richard „Mörtel“ Lugner nichts dagegen!

Die Flügel sind zwar angeknackst, halten aber trotzdem

Was ist passiert?

Um das zu klären, muss ich in der Zeit ein paar Wochen zurück. Am 21. Juni dieses Jahres bin ich (wie von Zauberhand geschubst) aus welchem Grund auch immer, in meine Scherbenkiste geflogen. Mit beiden Unterarmen gleichzeitig hinein in einen (Arbeits-) Berg voll kaputter Flaschen aus Glas. Wie ich da wieder herausgekommen bin weiß ich nicht mehr, ich rappelte mich auf und sah nur, dass ich am linken Handgelenk (und nur dort) plötzlich ein Problemchen hatte – ein 3 cm langes und recht tiefes. Der Schnitt verlief längs Richtung Armbeuge, wobei ein Stück Haut in Form eines Dreiecks, fehlte. Ich drückte geistesgegenwärtig die Ränder der Wunde mit der rechten Hand feste zusammen und rief meinen lieben Mann um Hilfe, indem ich mit der Nasenspitze mein Handy betätigte, so gut das eben ging. Die Werderaner Kirchenglocke läutete gerade den Feierabend ein.

Notverband am 21. Juni 2024

Und dann das.

Statt am Abendbrottisch, landete ich in der Notaufnahme. Dort wurde die Wunde zu später Stunde ärztlich versorgt und genäht. Die Narbe, die ich davon trug, erinnert mich nun zuverlässig an jenen Tag. Ich werde mir später ein kleines Tattoo zur Erinnerung und dicht anbei, stechen lassen, denn ich hatte bei allem Übel doch riesiges Glück gehabt. Sowohl die Schlagader als auch die Sehne und mit ihr die feinen Nerven darunter, die hätten aufwendig wieder zusammengeflickt werden müssen, wären sie – nur einen Zentimeter weiter, schräger oder tiefer – betroffen gewesen.

Mein Scherbenaufbewahrungskarton

Sowohl Krankheiten, die wir im Laufe unseres Lebens bekommen als auch Unfälle, in die wir verwickelt werden, haben ja immer mit uns selbst zu tun. Bereits Freud stellte in seiner „Psychopathologie des Alltagslebens“ Unfälle als das Ergebnis einer unbewussten Absicht dar. Angesichts dessen richten sich mir auch jetzt im Nachhinein, alle feinen Härchen im Nackenbereich auf! Denn ich bekam von nicht wenigen Menschen mitgeteilt, dass es sich bei meiner üblen Schnittverletzung, doch nur um einen misslungenen Suizid gehandelt haben könne! Auweia. Sowas von … keine Sorge … wenn ich es so gewollt hätte, dann hätte ich mir doch etwas mehr Mühe gegeben! Zumal ich über die nötigen anatomischen Kenntnisse verfüge, um es richtig zu machen. Ich wäre in der Lage gewesen das Messer effektiver anzusetzen als es die Glasscherbe aus dem Karton vermochte.

Natürlich, das ist bekannt, bin ich eine äußerst sensible Person, der zu vieles dicht unter die Haut geht. Auch plagt mich die eine oder andere fern-familiäre Sorge. Besonders das letzte Jahr setzte mir diesbezüglich unglaublich stark zu, es ging mir einfach nicht gut. Aber für solch einen „Eingriff“ (als Problemlöser) bin ich dann doch zu feige (!) … und weil ich es allgemein nicht gerade leicht habe, finde ich deshalb auch für mich meistens eine andere, elegantere Lösung, weil ich halt trainiert bin. Oft handelt es sich dabei um eine Lösung mit Humor.

Nach einem Ruhetag auf dem Sofa, wo ich nachdachte und meine durcheinander gewirbelten Gedanken sortierte und zur Kenntnis nahm, dass ich wohl doch ein länger währendes Problem habe, um das ich mich kümmern muss – war ich bereit dafür, meine Arbeit wieder mit neuem Elan anzugehen. Tags darauf stand ich jedenfalls schon wieder in meiner Werkstatt, um frisch ans Werk zu gehen.

Stürzen/Aufstehen/Weitermachen

Scherbengesicht – noch unvollendet

Dort begrüßte mich die kleine „Tante“ aus Glas, an der ich gearbeitet hatte als der Unfall passierte und mir kamen beinahe die Tränen, denn es mutete an, als hätte ich es vorausgesehen. Die im Aufbau befindliche Plastik schaute mich intensiv an und schien zu sagen: „Glück gehabt! Biste gerade noch so mit einem blauen Auge davon gekommen!

Ich finde, das Blau umrandete Auge macht sie nun – zusammen mit dieser Geschichte – umso interessanter. Passt das alles doch so wunderbar zusammen, besonders zu den von mir verwendeten Scherben! Und entgegen der Freud’schen Theorie entwickele ich daraus dann selbstverständlich, meine eigene! Für deren Richtigkeit lassen sich nämlich noch genügend andere Fakten und Beweise innerhalb meiner Arbeitswelt finden. Demzufolge muss es das HERZ sein! Bin ich doch schon eine Zeitlang umgeben von Herzen! Von Herzen aus Stein, die ich überall in der Natur gefunden habe! Nicht mehr lange und ich habe die Zahl 100 (in Worten: Hundert) erreicht. Stück für Stück fertige ich seit Monaten eine Installation daraus und beschäftige mich also seit Längerem schon, intensiv mit diesem Thema. Es ist faszinierend, denn jeder Stein ist anders, jeder noch so kleine, herzgeformte Stein, spricht zu mir. Diese Steine erhielten unter dem Einfluss von Hitze und Druck, Wind und Wetter -, manche zusätzlich durch den des Wassers und die Kraft seiner Wellen, ihre ungewöhnliche Form. Den Gedanken, dass die Natur unermüdlich jeden meiner Steine, ausgerechnet zu HERZEN formte, die mich sicherlich auffangen und vielleicht trösten sollen (?) … finde ich jedenfalls bezaubernd.

Die Tatsache, dass mein (eigenes) Herz (seit einiger Zeit schon) seine etwas stolpernde, sehr eigene Melodie spielt, ohne mich um Erlaubnis gefragt zu haben, gibt mir nach diesem Sturz nun zu denken. Ich setze das Vorhandensein eines zunehmend ‚bewegten‘ Herzens deshalb in Bezug zu aktuellen familiären Ereignissen und ich nahm von daher aus dem Unfall die Erkenntnis mit, mich mehr noch um die eigenen Belange kümmern zu müssen als bisher getan. Es hilft nichts, ich muss das Vergangene – bestens aufgearbeitet natürlich – tatsächlich in Gänze hinter mir lassen. Dazu musste ich mir eingestehen, noch zu sehr an der Vergangenheit festgehalten zu haben, wovon ja auch immer wieder meine Arbeit (Stichwort Scherben) spricht! Denn so ganz überwinden ließ sich mein altes Leben bis dato offensichtlich eben doch nicht – obwohl ich mich in aller Konsequenz darum bemühte.

Zwei Herzen: eins mit Sprung, eins mit Narben …

Jeder Mensch trägt seine Last, aber die Kraft diese zu tragen, reicht manchmal nicht. Ich hatte mich gründlich belesen, bevor ich zum Studium aufbrach, wusste als junger Mensch bereits was da an Unannehmlichkeiten auf mich zukommen würde, insofern war ich vorbereitet. Wie oft bekam ich zu hören: Das hältst du nicht auf Dauer durch! … klar hinterließen solche Sprüche ihre Spuren auf meiner Seele. Nach außen hin gab ich mich immer unbeeindruckt, ganz die starke Frau, die sich nicht beirren lässt (!) … und baute ein zunehmend festeres Gehäuse um meinen weichen Kern. 

Die alten Kräfte, sie ziehen an mir und wollen mich nicht gehen lassen. Immer ist da ein Rest von Gefühl und Verantwortung, der mir das Leben schwer macht. So bin ich einer ständigen Belastung, sowohl im beruflichen als auch im privaten Leben ausgesetzt die – und das will ich hier ausdrücklich betonen – NICHT von meinem unmittelbaren, familiären Umfeld herrührt. Im Gegenteil: meine Familie, bestehend aus Mann und Sohn, die steht voll hinter mir. Vielmehr ist meine Empfindlichkeit der simplen Tatsache geschuldet, einen Beruf auszuüben, der Frauen in gewisser Weise nicht zusteht, jedenfalls nicht einhergehend mit dem kleinen Wörtchen „Erfolg“ und vor allem, dem Bemühen darum! Ich weiß das so genau, weil mir meine künstlerischen Ambitionen ein wenig zu oft von Kritikern und natürlich auch von Kritikerinnen, als ‚Größenwahn‘ angelastet und zum Vorwurf gemacht wurden.

Doch deshalb bringt man sich doch nicht um!

Auch der Umstand in Zeiten des Klimawandels als Künstlerin leben und arbeiten und sich nie bequem ‚Dazwischen‘, sondern stets ‚Dagegen‘ (gegen die gegenwärtige Lethargie) positionieren zu müssen, macht es leider nicht leichter. Mir wird stets vermittelt falsch zu liegen bei dem, was ich von Themen wie KLIMA und POLITIK halte und mir wird vorgeworfen, es mit der Wahrheit zu den sich verändernden Naturvorgängen, gehörig zu übertreiben … wie jetzt beispielsweise, wo es regnet und zwar mitunter in Strippen (!) … weshalb von Wasserknappheit, so sagen die Kritiker, nicht die geringste Spur sei! Ich kann darauf nur antworten, dass die klimatischen Veränderungen nicht von heute auf morgen passieren. Die lassen sich schon noch ein wenig Zeit, bedeutet, die Amplitude geht rauf und wieder runter, rauf und runter … und so weiter. Das Wettergeschehen lässt uns in dem sichern Glauben, es wird schon so schlimm nicht kommen … nicht hier bei uns! Wenn auch das mehr oder weniger leise Voranschreiten dieser hausgemachten Veränderungen, schneller passiert als gedacht.

Maren Grünemitten Simon, GAYA, frei aufgebaut aus ziegelrotem Ton, 60 x 65 cm, Sommer 2024

Und genau das ist es, was uns Sorgen bereiten sollte!

Mit meiner Interpretation des Zeitgeschehens falle ich zwar immer wieder auf die Nase, und ja, das ärgert mich auch … ich lasse mich aber nicht unterkriegen oder entmutigen, ich stehe immer wieder auf – um dann in gewohnter Manier weiterzumachen mit dem, was mir wichtig ist und mich am Leben erhält. Das, ohne mich anbiedern oder abhängig machen zu müssen. Es spornt mich einfach nicht an, mich auf die Seite des bereits Starken zu stellen, nur damit ich von diesem, profitiere. Bleiben die eigenen Ansichten und Überzeugungen nicht allzu oft ungehört, wenn man sich in Abhängigkeit begibt? Forscher haben nachweisen können, dass Schnecken, die auf den bereits vorhandenen Schleimspuren ihrer Artgenossen reisen, viel schneller unterwegs sind. Hört sich erst einmal interessant an, nicht wahr? Aber ist es nicht viel innovativer, weil interessanter, seine Erfahrungen selber machen und vor allem – aus diesen lernen zu dürfen? Wären wir nicht schon viel weiter im positiven Sinne gesprochen, wenn wir von all den passiven Mitläufern und den bequemen Jasagern, die sich auf ausgelatschte Pfade verlassen, nicht so derart viele unter uns hätten?

Es ist immer leicht den Mutigen zu tadeln, der einzeln steht. Immer sind es zuerst nur wenige, die anders denken. Anderes sagen. Anders handeln. Bevor sie die Masse mitziehen. Und dann, so sagt die Erfahrung, ist es so, dass es hinterher bereits alle schon vorher 😉 gewusst haben! Hinterher sind immer alle viel klüger! Nur Vorreiter möchte kaum einer sein. Die Revolution, so heißt es, frisst ihre Kinder. Das sagt eigentlich alles.

Auch ich bin mir im Klaren darüber – und nicht interessiert, daran etwas zu ändern – dass allein meinem Freiheitsdrang mein ‚Versagen‘ geschuldet ist. Das klingt knallhart und manche hätten sicher gern, ich würde stattdessen das Wort ‚verbittert‘ wählen, das aber bin ich nicht. Weil, ich bin Realist. Morgen wird’s sowieso vielleicht schon wieder ganz anders aussehen. Es ist ja erstaunlich was alles in 10 Jahren, die ins Land gehen, dazugelernt werden kann. Schade nur um die vielen, bis dahin verpassten, Chancen …

Haltung bewahren

Am 18. August zeigte der Eppsteiner Filmemacher Klaus Sparwasser im Thalia-Kino in Babelsberg, seinen Dokumentarfilm über den Protest im Dannenröder Forst 2020 und dessen abschließende Räumung. Der Regisseur, der studierter Biologe ist, war anwesend und stellte sich im Anschluss des Films, wie in diesem Kino üblich, seinem Publikum für allerhand Fragen zur Verfügung. Gemeinsam mit den Babelsberger Aktivisten saß ich in Reihe acht als wir uns die Vorpremiere des Filmes „System Change“ ansehen durften. Der intensive und äußerst sehenswerte Film, wird ab dem 19. September in die Kinos gelangen und ich möchte allen, denen die Natur aber auch unsere Gesellschaft am Herzen liegt auffordern, diesen ehrlichen Film unbedingt anzusehen. In seiner schonungslosen Art der Beobachtung verzichtete der Filmemacher auf die üblichen ‚Weichspülmittel‘ und sagt beim Gespräch stattdessen, dass während der Dreharbeiten zu 95% die Gewalt von Seiten der Polizisten (der Staatsgewalt) ausgegangen sei. So habe er es erlebt. Das ist eine Erfahrung, die ich teile. Es fällt auf, welch großer Wert innerhalb der Klima-Bewegung auf Friedfertigkeit gelegt wird! Sich eben nicht provozieren lassen – obwohl die Ungerechtigkeit weh tut – selbstverständlich spürt man dies als Zuschauer auch in diesem Film.

Ich habe auf der Straße mal Worte wie „Truppe“ oder „Marschrichtung“ verwendet, ohne mir dabei konkret etwas zu denken und bin dann dafür, komisch angeguckt worden .-) … so, als wäre ich ein Feldwebel. Soviel zum Thema Aggressivität und Rebellion.

Für seine Ehrlichkeit der Berichterstattung nahm der Filmemacher in Kauf, seinen Film im Fernsehen wo die Chance größer wäre, dass viele ihn sehen könnten, bisher noch nicht untergebracht zu haben. Er wirkt nachdenklich als er darüber spricht. Die Enttäuschung über zunehmendes Desinteresse der Medien an brisanten Themen, ist seinem Gesicht abzulesen. Auch diese Erfahrung teile ich mit ihm. Ich denke aber, das wird sich noch ändern. Ich habe sogar den Eindruck und verbinde damit die leise Hoffnung, dass sich die Kräfte hin in Richtung Vernunft, die langsam aufwacht, verschieben. „Eine UN-Umfrage (aus dem Jahre 2024) verdeutlicht, dass die Besorgnis über den Klimawandel noch nie so groß war: Vier von fünf Befragten unter 75.000 Menschen weltweit äußern ernste Sorgen über die Erderhitzung. Eine Mehrheit ist sich einig, dass Politik und Wirtschaft schneller handeln müssen.“ (Quelle: Greenpeace)

Klaus Sparwasser beim Filmgespräch im Thalia-Kino, Potsdam-Babelsberg am 18.8.2024

Unsere Existenzgrundlage und unsere Zukunft sind bedroht. Es Aussitzen-zu-wollen führt allein dazu, dass die Kosten zur Bewältigung dieser Krise, mehr noch ansteigen werden. Sie auf kommende Generationen abzuwälzen, kann nicht die Lösung sein. Viele spüren es bereits; ständiges Wachstum – unkontrolliert, maßlos und egoistisch, ist einfach nur ungesund. Das wissen wir vom Krankheitsbild Krebs. Zuerst tastet er sich unbemerkt vor, dann macht er sich breit, indem er Verbündete um sich schart, dann überrumpelt er seinen Wirt und tötet ihn. Zuletzt stirbt er – wie absurd – in seiner ausufernd egoistischen Maßlosigkeit, selber.

Die Bilder von 2000 gut ausgerüsteten Polizisten, die in Vertretung des Staates gegen 200 Waldbesetzer antreten, hinterlassen im Film denn auch ihre Wirkung. Dabei ist berührend anzusehen, wie sich diese jungen Leute gewaltfrei aber humorvoll zur Wehr setzen. Indem sie zum Beispiel eine Abwehrlinie, bestehend aus mehreren fast 2 Meter großen Schneemännern frontal zu den Polizisten, aufstellen. Der Winter hatte sich mit ihnen verbündet! Das Lachen bleibt dem Zuschauer natürlich sofort im Halse stecken, nur eine kurze Entspannung setzt ein, bevor es gleich wieder erbarmungslos härter kommt. Am Ende müssen die drei letzten Baumriesen und damit auch die romantisch erscheinenden Baumhäuser der Aktiven, trotzdem weichen. Das schmerzt den Betrachter, der vorab ebenfalls den schönen Ausblick auf verschneite Baumkronen und ihre filigranen Äste, heraus aus einer der Hütten, genießen durfte. Hab und Gut, dass ihnen den Waldalltag für Wochen halbwegs erträglich machte, wird durch die Ordnungshüter ohne Umschweife zu wertlosem Müll erklärt. Die jungen Leute selber, sie werden von mehreren Männern gleichzeitig abgeführt und wirken in ihrer Machtlosigkeit, feste geknebelt und somit am langen Arm des Gesetzes baumelnd, wie Kriminelle, die diese Behandlung verdient haben.

Die Medien sind mit schuld daran, dass dem so ist. Und sie sind schuld daran, wenn dem so bleibt!

Das ist eine der vielen traurigen Erkenntnisse, die der Betrachter des Filmes gewinnen muss und klar, damit eckt der Dokumentarfilmer natürlich bei jenen an, die Veränderung in jedweder Form ablehnen. Junge Menschen haben Zukunftsangst und sie werden einfach nicht angehört. Dabei gibt es so viele renommierte Stimmen (auch sie kommen im Film zu Wort), die den Waldschützern Recht geben! Stattdessen verurteilt man sie, klagt an und bestraft, weil diese jungen Menschen es nicht einfach so hinnehmen wollen, was ihrem 300-Jahre alten (Gemeingut!) Wald, da Schlimmstes angetan wird. Überall so erscheint es auch mir, ist dümmliche Ignoranz einhergehend mit dem Willen, unbedingt Recht behalten zu müssen, am Wirken. Und weil sich diese Ignoranten in gefälliger Gegenseitigkeit halten, sich und ihre Mächtigkeit befördernd, da müssen sie sich weder informieren, noch handeln, brauchen rein gar nichts zu tun.

Außer alles beim Alten zu belassen.

„Dabei befinden wir uns in der schwersten Krise, die je über die Menschheit hereingebrochen ist!“ (Quelle: Info-Blatt zum Dokumentar-Film)

Es ist zu erwarten, dass wir mehr werden, denn Verantwortlichkeit ist eine Sache des Herzens. (Beide Fotos von Jörn Simon)

Der Mut und die Ausdauer, die diese jungen Menschen auszeichnet, fordert unseren Respekt, nicht allseits gesellschaftliche Häme. Nur, wer ein Herz hat, wird mitfühlen und spürt diesen Schmerz auch in seiner Brust. „Dieser Wald, der war zuerst da, erst nach ihm kam das Auto auf die Welt!“ … 

Heute, am 19. August, bin ich wieder in meiner Werkstatt zugange, die etwas kühleren Temperaturen machten es möglich, dass ich den E-Ofen mit Gaya im Inneren, endlich anwerfen konnte. Meine vielen steinernen „Herzen“, für die ich „Behausungen“ baue, füllen die Pausen, wenn ich meinen Händen zwischendurch ein wenig Ruhe gönnen will. Es entsteht aktuell auch wieder ein neues Portrait aus Ton. Die „Scherbene“ aus Glas und Porzellan ist auch noch immer in Arbeit, das reinste Geduldspiel. Meine Vorfreude darauf – endlich mit ihr fertig zu sein, ist groß, doch mühsam ist der Weg dorthin – hin zum ersehnten Finale. Es gibt innerhalb der Werkstatt nichts Schöneres als das, wenn es gelingt! 

Komme ich dann freudig-federnden Schrittes nach Hause, umfängt mich unser dichtgrüner Schattengarten mit seiner angenehmen Kühle. Wenn es regnet, dann könnte man glatt vermuten sich aufgrund der Feuchte, die es im Garten erdig dunsten lässt, statt in diesem, im Amazonas-Regenwald zu befinden. Nach ausgiebiger Begrüßung des kleinen Hundes und der Frage meines Mannes: „Was möchtest Du trinken?“ … spüre ich, wie mich unser Garten-Ritual regelrecht erdet, jedes Mal und bei jedem Wetter wieder.

Maren Simon am 20. August 2024

 

Der Dokumentarfilm SYSTEM CHANGE – A story of growing resistance (2023) erscheint ab 19. September 2024 in Deutschland und Österreich in den Kinos.

Noch bis zum 31. August ZUKUNFTSKLÄGER werden – https://zukunftsklage.greenpeace.de/

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